Wenn man alleine marschiert, ist niemand anders dabei. Dann ist man allein am Marschieren. Dies tendiert eine eher stille Form von Fortbewegung zu sein. Doch in keinerlei Hinsich weniger revolutionär.
Aber es ist dann halt auch niemand dabei, der bezeugen könnte, dass es ein revolutionärer Marsch gewesen sei.
[…] Platz zum Darübernachdenken
Ich bin also revolutionär in Richtung Ebnat-Kappel gefahren, um mit einem Kumpel Kaffee zu trinken, der aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen dort wohnt. (Wenn er reich wäre, würde ich sagen: Steuern.)
Doch der Kumpel war nicht da. Er hatte sich einen Tag frei genommen.
Dann fuhr ich mit dem Zug direkt weiter nach Krummenau und von dort an den Hügel rauf.
Wenn man den Hügel hinauf marschiert, kommt man zum HausDerFreiheit.
Heute war der Scheff der SVP, Tonibrunner, persönlich anwesend. Heute ist auch der Geburtstag von Jessie aus Australien. Davon weiss Tonibrunner aber nichts.
Es wusste auch nicht, dass ich komme.
Dass es ein revolutionärer Marsch ist, darf man sich nicht auf die Fahne schreiben, sonst verliert das an revolutionärer Wirkung.
Der Weg zum HausDerFreiheit führte über idyllische Kuhwiesen und vorbei an Löwenzahn.
Der Weg zum HausDerFreiheit ist ein Wanderweg, der gut beschildert ist.
Der Wanderweg führt über eine kleine, gedeckte Holzbrücke und lässt an Luzern denken. Der Reiher, der sich im Hintergrund in die Lüfte schwingt, verstärkt den Eindruck.
Der Weg zum HausDerFreiheit ging über elektrisch geladene Kuhdrähte und vorbei an einem Zähne fletschenden Appenzellerblessen. Diese wollen einem immer grad an den Arsch.
Der Weg zum HausDerFreiheit ist ein steiler Weg. Und das Schild sagt Eins Komma Zwei Kilometer und Autostopp funktioniert hier nicht.
Der Weg zum HausDerFreiheit ist zu Ende, wenn eine Tafel vor dem HausDerFreiheit einem sagt: “Sie haben Ihr Ziel erreicht.”
Gut zu wissen.
Ich betrete entschlossen, mit einem Loch am Hosenboden und Textilklebeband an den Fersen meinee zerfallenden Pumas das HausDerFreiheit.
Im HausDerFreiheit ist kein Platz für mich. Ich drücke das Durchschnittsalter gefährlich weit nach unten.
Ich setzte mich in den Garten.
Dort bin ich allein mit einem Schäferhund. Der Schäferhund sitzt am Nebentisch und trinkt ein Shorley. Mit ihm zusammen sitzen zwei Schafe. Sie verstehen sie gut, der Schäferhund und die Schafe.
Ein Schaf redet über das Feldschiessen. Der Schäferhund nickt. Er wedelt mit dem Schwanz.
Das andere Schaf redet über die Milchpreise. Der Schäferhund wedelt erneut mit dem Schwanz. Dann dreht sich der Schäferhund um und blickt mich an. Er schwänzelt und hat freundliche Augen. Er ist neugierig.
Die beiden Schafe gehen zu den anderen Schafen ins HausDerFreiheit und der Schäferhund begrüsst mich mit einem freundlichen Bellen und ich kraule ihn hinter den Ohren und er schwänzelt und will ein Guddi.
Ich bestelle mir einen Milchkaffee.
Ich sage ihm: Ich bin hier, um etwas zurückzubringen, dass dir gehört. Der Schäferhund grummelt und wedelt mit seinem Schwanz die Bodenplatten von Staub sauber.
Ich frage den Schäferhund: Gibt es eine Möglichkeit, dass dieses Extrablatt in Zukunft nicht mehr meinen Briefkasten verschmutzt.
Der Schäferhund bellt und wedelt dabei ständig mit dem Schwanz.
Ich kraule ihn hinter dem Ohr. Jedesmal, wenn ich aufhöre, bellt er und will damit sagen: weiterkraulen, bitte!
Und ich warte auf den Milchkaffee und dieser lässt etwa gleich bedrohlich lange auf sich warten wie der Sturm, der sich am Horizont bereit macht. vor den Bergspitzen, die aussehen wie die Zähne eine Kuh.
Der Schäferhund bellt nochmals, blickt zurück und lädt mich ein, auch ein Schaf zu sein, doch ich habe dafür keine Zeit. Der Zug wird auch ohne mich abfahren.
Und wahrhaft: Manchmal ist das Bedrohlichste an einem revolutionären Marsch nicht der Gegner, der einem einen Schaf-Shuttleservice zurück an den Bhf Krummenau anbietet, sondern der Appenzellerbless, der einem auf dem Weg hin und zurück vom HausDerFreiheit in den Arsch beissen will…
dieser Weg wird kein leichter sein… |
saftige Wiese |
Milchkaffee |