Es lebte einst ein Künstler in der Stadt Kouroo, welcher in seinem Wesen nach Vollkommenheit strebte. Eines Tages kam es ihm, einen Stab zu fertigen. Um die Tatsache wissend, dass in einem unvollkommenen Werk Zeit der wesentliche Faktor sei, in ein vollkommenes Werk Zeit hingegen keinen Zutritt habe, sagte er zu sich selbst: “Es soll in jeglichem Sinn vollkommen sein, also werde ich in meinem Leben nichts anders als das tun. Er begab sich sofort in den Wald, um Holz zu suchen, entschlossen, dass der Stab nicht aus unpassendem Material sein solle; und so geschah es, während er suchte und suchte und ein Stück Holz nach dem anderen verwarf, dass seine Freunde ihn nach und nach verliessen, in ihrer Arbeit alterten und schlussendlich starben, er hingegen keinen Moment alterte. Die Einheit von Zweck und Entschlossenheit, und seine tiefe Achtung verliehen ihm ohne sein Wissen ewige Jugend. Da er keinen Kompromiss mit der ihm zur Verfügung stehenden Zeit machte, verlor die Zeit jeglichen Einfluss über ihn und hielt sich lediglich seufzend in Distanz – unfassbar.
Bevor er ein in allen Belangen passendes Stück Holz gefunden hatte, gehörte die Stadt Kouroo der Vergangenheit an, und er sass auf ihren Überbleibseln, um den Stock aus der Rinde zu schälen. Bevor er diesem die passende Form verliehen hatte, neigte sich die Dynastie der Candahars ihrem Ende zu, und mit der Spitze seines Stabes schrieb er den Namen des letzten deren Rasse in den Sand, um dann mit seiner Arbeit fortzufahren. Zur Zeit, als er den Stab geglättet und poliert hatte, war Kalpa nicht mehr länger der Stern im Norden; und ehe er er die Spitze vollendet hatte und das Haupt des Stabes mit edlen Steinen geschmückt war, war Brahma viele Male erwacht und wieder eingeschlummert.
Aber warum verweile ich, diese Dinge zu erwähnen? Wenn der letzte Schliff am Stab vollendet war, geschah es, dass sich der Stab vor den Augen des staundenden Künstlers in einem Atemzug in die wunderschönste aller Schöpfungen Brahma’s ausdehnte. Er hatte durch die Vollendung seines Stabes einen neuen Kosmos geschaffen, eine Welt mit vollendeten Proportionen; wo die alten Städte und Dynastien ihren letzten Atemzug ausgehaucht hatten, nahmen schönere und glorreichere deren Platz ein. Und nun sah er, neben dem Haufen noch immer frischer Spähne zu seinen Füssen stehend, dass für ihn und seine Arbeit die frühere Vorstellung von Zeit eine Illusion gewesen war, und dass nicht mehr Zeit verstrichen war, als es für eine klitzekleines Körnchen aus dem Gedächtnis Brahmas benötigte, zu fallen und das Feuer im Gedächtnis eines Sterblichen zu entfachen. Die Materie war rein und seine Kunst war rein, was anderst als wundervoll könnte das Ergebnis wohl sein?
Auszug aus Henry David Thoureau’s WALDEN – Übersetzung aus dem Englischen von mir
ENGLISH VERSION
There is an artist in the city of Kouroo who was disposed to strive after perfection. One day it came into his mind to make a staff. Having considered that in an imperfect work time is an ingredient, but into a perfect work time does not enter, he said to himself, It shall be perfect in all respects, though I should do nothing else in my life. He proceeded instantly to the forest for wood, being resolved that it should not be made of unsuitable material; and as he searched for and rejected stick after stick, his friends gradually deserted him, for they grew old in their works and died, but he grew not older by a moment. His singleness of purpose and resolution, and his elevated piety, endowed him, without his knowledge, with perennial youth. As he made no compromise with Time, Time kept out of his way, and only sighed at a distance because he could not overcome him. Before he had found a stock in all respects suitable the city of Kouroo was a hoary ruin, and he sat on one of its mounds to peel the stick. Before he had given it the proper shape the dynasty of the Candahars was at an end, and with the point of the stick he wrote the name of the last of that race in the sand, and then resumed his work. By the time he had smoothed and polished the staff Kalpa was no longer the pole-star; and ere he had put on the ferule and the head adorned with precious stones, Brahma had awoke and slumbered many times. But why do I stay to mention these things? When the finishing stroke was put to his work, it suddenly expanded before the eyes of the astonished artist into the fairest of all the creations of Brahma. He had made a new system in makig a staff, a world with full and fair proportions; in which, though the old cities and dynasties had passed away, fairer and more glorious ones had taken their places. And now he saw by the heap of shavings still fresh at his feet, that, for him and his work, the former lapse of time had been an illusion, and that no more time had elapsed than is required for a single scintillation from the brain of Brahma to fall on and inflame the tinder of a mortal brain. The material was pure, and his art was pure; how could the result be other than wonderful?
– Excerpt from WALDEN by Henry David Thoreau